Michael Poltz über seinen Saab 900 Turbo

Michael Poltz über seinen Saab 900 Turbo

Baujahr: 1982
Hubraum: 1971
PS: 145
Zylinder: 4
Km/h maximal: 195
Verbrauch: 10 Liter
Gebaute Exemplare: Ca. 908 000
Neupreis: 33600 D-Mark

Der Autohersteller Saab ist seit einigen Jahren Geschichte, aber die Fans der schwedischen Marke huldigen ihren Fahrzeugen trotzdem weiter. Individualität und Solidität – das sind die Hauptmerkmale der Modelle aus dem hohen Norden, denen manchmal auch eine gewisse Schrulligkeit nachgesagt wird. Michael Poltz engagiert sich als zweiter Vorsitzender des „1. Deutschen Saab Clubs“ für den Zusammenhalt der Saab-Familie. In seiner Poller Werkstatt hält der Ton- Ingenieur zudem gleich drei Exemplare in Schuss: einen 9000 Turbo, einen 902 und einen 900 Turbo. Letzterer entstammt der wohl bekanntesten Saab-Generation. Über viele Jahre lang wurde der 900er gebaut, mittlerweile gibt es nur noch wenige Überlebende. Dass Poltz’ 900er bald die Löffel abgibt, ist zum Glück nicht abzusehen.

Deshalb habe ich ihn: Bis 2002 hatte ich meistens kein Auto und bin mit dem Motorrad gefahren. Eigentlich wollte ich nur ein Winterauto haben und bin auf einen günstigen Saab 9000 von 1989 gestoßen. Von da an war ich vom Saab-Virus infiziert. Dieses Auto war von A bis Z anders konstruiert, als ich es vorher kannte. Das fängt mit den Außenspiegeln an, die an Doppelstegen befestigt sind, damit der Fahrtwind an dieser Stelle durchwehen kann. So kann er das Regenwasser von der Scheibe pusten. Und der Wagen hatte serienmäßig eine Sitzheizung – in einem Winterauto natürlich sehr angenehm. Ich käme nie auf die Idee, mir einen Golf zu kaufen, der wäre mir zu langweilig. Der Saab ist schon etwas Besonderes und er steht nicht an jeder Ecke. Nach meinem ersten Saab griff meine Begeisterung immer weiter um sich. Zuerst bin ich bei Saab-Ausfahrten mitgefahren, dann habe ich mich auch für den 900er interessiert. Der wurde von 1979 bis 1994 gebaut und war wohl das bekannteste Saab-Modell. Er gilt als letzter reinrassiger Saab, danach fing General Motors an, sich in die Produktion einzumischen und die Kosten drastisch zu drücken. Meinen jetzigen 900er habe ich 2004 von einer betagten Architektin aus Neuss gekauft, die nicht mehr fahren konnte. Der Wagen ist seit 1982 unrestauriert und original geblieben – abgesehen von den Felgen, die von einem 81’er Saab 900 stammen und der vorderen Stoßstange eines Modells von 1983. Und mittlerweile ist er auch ein bisschen Geld wert. Ich habe ihn für 800 Euro gekauft, laut Wertgutachten ist er jetzt knapp 5000 Euro wert. Aber Verkaufen ist nicht.

Das kann er: Lange Landstraßen-Touren kann er wirklich gut bewältigen. Der Saab-Slogan „Auf langen Strecken zu Hause“ hatte seine Berechtigung. Er ist auch sehr variabel. Die Rückbank lässt sich umklappen, dann ist der Stauraum 1,78 Meter lang – genug, um dort zu übernachten. Auf Saab-Treffen habe ich das schon des Öfteren ausprobiert. Für mich ist der 900er eines der schönsten Autos überhaupt, das fängt mit der gewölbten Windschutzscheibe an und hört mit den Rückleuchten auf, die nachts unverwechselbar sind. Und er ist unglaublich solide. Der Motor hat bis heute 224 000 Kilometer abgespult und zeigt keinerlei Ermüdungserscheinungen. Von allen meinen Saabs habe ich am 900er am wenigsten reparieren müssen.

Das kann er nicht: Eine Katastrophe sind Serpentinen- Strecken, zum Beispiel in den Alpen. Der 900er gehört noch zu der Saab-Generation, die auf kur- vigen Strecken bergauf entweder im ausgeprägten Turboloch hängen, mit sehr wenig Kraftentfaltung, oder die Drehzahl ist völlig übertourt. Ich war einmal mit dem 900er in den Alpen und werde es so schnell nicht mehr tun. Aber wenn er mal aus dem Turboloch heraus ist, dann hat er ordentlich Power.

Das habe ich für ihn getan: Auspuff, Bremsen, Turbolader. Mehr habe ich bisher noch nicht ausgetauscht. Ansonsten bewege ich ihn regelmäßig. Denn die Bosch-KJetronic- Einspritzung mag keine langen Standzeiten.

Das haben wir erlebt: Herausragend war unsere Teilnahme an der Creme-21-Rallye 2007, als meine Frau und ich fünf Tage lang im Tross aus 112 Old- und Youngtimern quer durch Deutschland fuhren. Wir hatten den einzigen Saab im Teilnehmer-Feld. Die Strecke war 2000 Kilometer lang und führte uns bis nach Eisenach und zurück. Unterwegs mussten wir verschiedene Aufgaben lösen. Obwohl wir ja einen Langstrecken-Oldie haben, war die Sache hochanstrengend. Fünf Tage lang nach Roadbook zu fahren ist nicht ohne.

Das haben wir vor: Nächstes Jahr fahren wir zum Internationalen Saab-Club-Treffen, das in Lettland stattfinden wird. Da kommen Saab-Besitzer von etwa 16 Saab-Clubs zusammen, das macht etwa 400 Autos. Solche Treffen sind unglaublich wichtig, um Ansprechpartner zu finden, die in der teilweise angespannten Ersatzteil- Lage weiterhelfen können. Es werden dabei auch richtige Freundschaften gepflegt. Natürlich bedauern alle, dass es die Marke Saab nicht mehr gibt. Aber umso größer sind die Anstrengungen, die verbliebenen Autos am Leben zu erhalten.

Aufgezeichnet von
Tobias Christ
Erschienen 2018 im „Kölner Stadt-Anzeiger“